Enzweihingen B 10
DIVaN am Strand: B 10 Enzweihingen kritisch diskutiert 21. August 2019
In Kooperation mit konsENZ gab es eine hochspannende Diskussions-veranstaltung unter freiem Himmel vor dem Sandkasten: Ca. 45 Menschen kamen, um sich in lockerer Atmosphäre über die unhaltbare Verkehrssituation in Enzweihingen auszutauschen.
Stand der Dinge
Die Umfahrung scheint beschlossen, das Planfeststellungsverfahren läuft, die Enzweihinger haben 2013 bei einer Befragung mit ca. 70 % zugestimmt. Doch die Kernstadtbewohner Vaihingens, die eine massive Lärmbelästigung befürchten, wurden nicht gefragt und fühlen sich übergangen. Dem Regierungspräsidium liegen seit 2017 zahlreiche Einsprüche gegen die Planfeststellung vor, u.a. auch vom Gemeinderat, die bisher weitestgehend unbeantwortet geblieben sind. Im Herbst ist angeblich die Erörterung geplant, aber einen genauen Termin gibt es noch nicht.
Der Tunnel ist die Lösung!
Umweltverbände, insbesondere die Schutzgemeinschaft Mittleres Enztal e.V., sind ebenfalls anderer Meinung: Nach EU-Recht darf die Natur nicht zerstört werden, solange es eine machbare Alternative gibt. Ein Tunnel ist eine solche Alternative, um das hohe Verkehrsaufkommen in Enzweihingen zu entzerren, meint Gerhard Joos, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft. Er tritt vehement für die Tunnellösung ein, die 2006 vom Regierungspräsidium favorisiert worden sei und die man dann aus unerfindlichen Gründen wieder umgeworfen habe. Handeln kann die Schutzgemeinschaft jedoch momentan nicht. Aber nach der Erörterung hat sie die Möglichkeit zu klagen und wird diesen Weg wohl auch beschreiten.
Die Umfahrung muss jetzt kommen!
Anders Peter Schimke, Stadt- und Kreisrat für Die LINKE. Ein Tunnel an der niedrigsten Stelle sei durch Hochwasser gefährdet, außerdem sei ein Tunnel mit Gegenverkehr heute nicht mehr Stand der Technik. Die Umfahrung sei vom Regierungspräsidium gewollt, er könne mit ihr gut leben. Wenn es naturschutzrechtliche Einwände gibt, muss die Planung geändert werden, aber ein gänzliches Umdenken wolle er nicht. Es sei jetzt an der Zeit, dass etwas unternommen werde. Man solle nicht mehr von vorne beginnen, sondern zügig an die Umsetzung gehen.
Geht gar nicht: Die Monsterschleife an der Araltankstelle
Was jedoch auch er mißbilligt, ist die weitere "Brezel" an der Araltankstelle, eine monumentale Verkehrsschleife, um den Verkehr wieder in die alte B10-Strecke bzw. in die Stuttgarter Straße einzuführen. Er plädiere für einen Kreisverkehr an dieser Stelle. Der Gemeinderat hat übrigens gegen das geplante Bauwerk an dieser Stelle Einspruch erhoben, das allerdings auch bei einer Tunnellösung vorgesehen wäre. Das Regierungspräsidium hat anscheinend noch nicht darauf geantwortet, ebensowenig wie auf die meisten anderen Einsprüche.
Oder einfach ganz neu denken?
Interessanter Aspekt einer Diskussionsteilnehmerin: Geht man an die Wurzel des Übels und die Menschen denken radikal um, kann man den Verkehr auch ganz anders verringern und sich sowohl Tunnel als auch Umfahrung sparen. Aber das würde auf der einen Seite bedeuten, dass lokal mehr Arbeitsplätze geschaffen werden, so dass man fußläufig oder mit dem Fahrrad gut hinkommt, dass außerdem der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) so attraktiv gemacht wird, dass Mensch ihn lieber benutzt als im Stau zu stehen. Auf der anderen Seite müsste der Güterverkehr auf die Schiene gebracht und der Mensch sich gleichzeitig wieder auf lokale und regionale Einkaufsmöglichkeiten besinnen. Utopisch, oder auf lange Sicht vielleicht doch das Sinnvollste und Einfachste?
Konsens?
Unter den Zuhörer*innen schienen die Tunnel- bzw. Umfahrungsbefürworter gleichermaßen verteilt. Man hörte sich gegenseitig zu, der Ton blieb sachlich. Und es gab sogar einen gewissen Konsens: Das
Regierungspräsidium darf nicht weiter verschleppen, es muss jetzt endlich klar werden, wie es weitergehen soll.
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